Kein grossen Veränderungen bei den Cannabisanalysen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022

1. Cannabis Auswertung, Zweites Halbjahr 2022

1.1 Einleitung

Cannabisprodukte (Gras, Haschisch, Blütenstaub, Öle etc.) werden aus der Hanfpflanze gewonnen. Die wichtigsten Wirkstoffe sind THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC ist dabei für die Mehrzahl der psychoaktiven Effekte verantwortlich, während CBD beruhigend, neuroprotektiv, krampflösend und rauschdämpfend wirkt. Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten(Cannabimimetika), die auch als synthetische Cannabinoide bezeichnet werden, ähneln in ihrer Wirkung der von THC. Cannabimimetika ahmen somit die Wirkung von THC nach. Diese Substanzen docken an den gleichen Stellen im Gehirn an wie THC, jedoch mit bis zu mehr als 100 Mal stärkerer Bindung, was zu einer deutlich intensiveren Wirkung führt.

1.2 Risikoeinschätzung

Neben den bekannten Nebenwirkungen von Cannabis bedeutet das seit Anfang 2020 Vorkommen von synthetischen Cannabinoiden für alle Konsumierenden ein schwer abschätzbares zusätzliches Gesundheitsrisiko. Häufig zeigten sich unmittelbar nach dem Konsum körperliche Symptome, die von Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbrüche, Herzrasen, Schwindel und motorischen Schwierigkeiten bis hin zu Lähmungserscheinungen oder Bewusstlosigkeit reichen. Letzteres birgt die Gefahr von Unfällen, zum Beispiel durch Stürzen. Als unerwünschte psychische Nebenwirkungen werden Panikattacken, Halluzinationen oder dissoziative Empfindungen genannt.

Für «normales» Cannabis gilt: Je höher der THC-Gehalt, umso grösser die Gefahr von unerwünschten Wirkungen. Bei hochdosiertem Cannabis (hoher Anteil THC) können Kreislaufprobleme bis hin zum Kreislaufkollaps oder auch Angst, Panik und Paranoia auftreten. Beim Verzehr von Cannabisprodukten («Edibles») ist die Dosierung noch schwieriger abzuschätzen, wodurch die Risiken und Nebenwirkungen unberechenbar sind.

Viele der im ersten Halbjahr 2022 vom DIZ analysierten Cannabisproben (hauptsächlich THC-haltige Cannabisblüten) verfügen über ein sehr unausgeglichenes THC-CBD-Verhältnis. Die meisten dieser Proben enthielten kaum oder nur Spuren des Wirkstoffs CBD, der rauschdämpfend und neuroprotektiv (nerven- und gehirnzellenschützend) wirkt. Diese Cannabisprodukte stellen daher ein größeres Gesundheitsrisiko dar, als solche mit CBD. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass Cannabisprodukte mit einem unausgeglichenen THC-CBD-Verhältnis (hoher THC-Gehalt und tiefer CBD-Gehalt) ein höheres Risiko für das Entstehen von Psychosen darstellen.

Cannabisprodukte können optisch und/odergeschmacklich nicht auf deren Qualität überprüft werden. Synthetische Cannabinoide in Cannabisprodukten als auch die genauen Wirkstoffgehalte (Potenz und THC-CBD-Verhältnis) können nur durch eine präzise chemische Analysebestimmt werden. Außerdem werden Cannabisprodukte immer wieder mit organischen und anorganischen Produkten gestreckt, um den Gewinn zu erhöhen.

2. Analysierte Proben

Von Juli bis Dezember 2022 wurden im Drogeninformationszentrum (DIZ) Zürich insgesamt 188 Cannabisproben zur Analyse abgegeben. Bei 127 Proben handelte es sich um Cannabis-Blüten, bei 51 Proben um Haschisch und bei 9 Proben um andere Cannabisprodukte wie Öle, Liquids, Edibles und Dabs.

154 dieser Proben wurden ohne einen Verdacht auf synthetische Cannbinoide abgegeben. Sie wurden von den Konsumierenden zur Analyse gebracht, da diese Informationen über die Zusammensetzung der Substanzen und den damit verbundenen Risiken suchten. Bei 3 dieser Proben wurden wider Erwarten der Konsument*innen synthetische Cannabinoide festgestellt.

Bei den restlichen 33 Proben hatten die Konsumierenden aufgrund konkreter negativer Erfahrungen den Verdacht, dass ihre Substanz mit synthetischen Cannabinoiden versetzt worden war. Bei insgesamt nur 1 dieser Verdachtsfälle konnten tatsächlich synthetische Cannabinoide nachgewiesen werden.

2.1 Ergebnisse Wirkstoffgehalt: THC und CBD

182 Proben wurden im zweiten Halbjahr 2022 im Cannabis Drug Checking auf ihren THC- und CBD-Gehalt analysiert. Bei 5 zusätzlich abgegebenen Proben konnte ledig-lich bestimmt werden, ob die Blüte oder das Haschisch mit synthetischen Cannabinoiden behandelt wurde.

Die Ergebnisse betreffend THC-Gehalt decken sich ungefähr mit Zahlen anderer Schwarzmarkt-Untersuchungen wie zum Beispiel den Zahlen der Schweizerischen Ge-sellschaft für Rechtsmedizin (SGRM)2, die jährlich publiziert werden. Gänzlich neu sind Daten zum CBD-Gehalt in Cannabisproben, da diese in keinem anderen Kontext systematisch erhoben werden. Aus diesem Grund sind diese Daten besonders spannend, da erstmals das schon lange vermutete unausgeglichene THC/CBD-Verhältnis nachgewiesen werden konnte. So verfügen 105 der getesteten Proben über einen CBD-Gehalt, der unter 0.1 % liegt, was auch den tiefen durchschnittlichen CBD-Gehalt erklärt.

Im Folgenden werden die THC- und CBD-Werte der im zweiten Halbjahr 2022 im DIZ analysierten Blüten- und Haschisch-Proben angegeben. Nicht berücksichtigt wurden dabei alle Proben, die einen CBD-Typ aufwiesen.

- Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt der im DIZ getesteten Cannabisblüten betrug 12.4 % THC. Der Wirkstoffgehalt der analysierten Cannabisblüten vari-ierte dabei mit zwischen 1.1 % und 29.1 % THC stark.

- Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt der im DIZ getesteten Cannabisblüten lag bei 1.1 % CBD. Der Wirkstoffgehalt der analysierten Cannabisblüten variierte stark und lag zwischen 0.0 % und 7.8 % CBD.

- Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt des im DIZ getesteten Haschischs lag bei 25 % THC. Der Wirkstoffgehalt des analysierten Haschischs variierte stark und lag zwischen 1.1 % und 49.9 % THC.

- Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt der im DIZ getesteten Haschischs lag bei 2.8 % CBD. Der Wirkstoffgehalt des analysierten Haschischs variierte stark und lag zwischen 0.1 % und 30.4 % CBD.

Aufgrund der geringen Probenzahl von Ölen, Liquids und Edibles wird nicht näher auf diese Proben eingegangen.

2.2 Streckmittel und Verunreinigungen

Schon länger bekannt ist, dass Cannabisprodukte manchmal zur Gewinnoptimierung (mehr Gewicht) mit unterschiedlichen Stoffen gestreckt werden (bspw. Brix, Blei, Sand usw.). Weiter kann sich aufgrund unsachgemäßer Trocknung/Lagerung Schimmel bilden. Diese Stoffe sind teilweise auf den Blüten optisch erkennbar. Bei Sand bildet sich unten im Aufbewahrungsgefäss manchmal eine gut erkennbare Schicht. Bei Brix kann eine kleine Menge der Blüte verbrannt werden. Mit Brix versetzte Proben verbrennen sehr schlecht, die Asche ist eher hart und fühlt sich beim Verreiben schmierig und ölig an. Weiter werden beim Anbau zur Wachstumsförderung häufig Düngemittel verwendet, die bei unsachgemäßer Handhabung als Rückstände in der Pflanze zurückbleiben. Beim Konsum all dieser Stoffe besteht für die Konsumierenden ein erhöhtes gesundheitsschädigendes Risiko. Mit der Analyse im DIZ lassen sich diese Streckmittel nicht nachweisen. Jedoch sind, abgesehen von Düngerückständen, die meisten Streckmittel relativ einfach von Auge oder über den Geruch feststellbar. Eine detaillierte Liste mit den gängigsten Cannabis-Streckmitteln ist auf der Webseite des deutschen Hanfverbands zu finden.

Bei illegal erworbenen Liquids sind Fälle bekannt, bei denen Verdickungsmittel wie beispielsweise Vitamin-E-Acetat hinzugefügt wurden, die laut einer Studie äusserst gesundheitsschädigend sind und in den USA zu mehreren Todesfällen geführt haben. Bekannt geworden sind diese Fälle unter dem Begriff EVALI (e-cigarette, or vaping, product use associated lung injury). Jedoch sind seit der Publikation dieser Studie keine weiteren Todesfälle mehr gemeldet worden, die mit EVALI in Verbindung gebracht wurden. Trotzdem empfiehlt sich bei illegalen E-Liquids nach Möglichkeit ein Cannabis-Drug-Checking zu nutzen oder, wenn dies nicht möglich ist, vorsichtig anzutesten.

2.3 Synthetische Cannabinoide und weitere Inhaltsstoffe in Cannabisproben

Bei THC und CBD handelt es sich um natürlich in der Cannabispflanze vorkommende Cannabinoide. Anfang 2020 wurden im DIZ erstmals synthetische Cannabinoide6 detektiert. Dieses plötzliche und gehäufte Auftreten von solchen Proben lässt vermuten, dass verschiedene Händler*innen im grossen Stil durch Überproduktion und dem damit verbundenen Preiszerfall preiswert gewordenes, legales CBD-Cannabis erworben und mit synthetischen Cannabinoiden versetzen haben, um es anschliessend trügerisch als illegales Cannabis weiterzuverkaufen.

Im zweiten Halbjahr 2022 waren 4 Proben (2.1 %) aller Cannabisproben, die im DIZ zur Analyse abgegeben wurden, mit mindestens einem synthetischen Cannabinoid versetzt. Eine dieser Proben (0.5 %) war mit zwei unterschiedlichen synthetischen Cannabinoiden versetzt. Im ersten Halbjahr 2022 handelte es sich noch um 7 Proben (3.3 %) mit einer Verunreinigung mit einem synthetischen Cannabinoid. 2 dieser Proben (1 %) waren mit zwei unterschiedlichen synthetischen Cannabinoiden versetzt.

Von den Proben, bei denen bei der Abgabe ein Verdacht auf synthetische Cannabinoide geäussert wurde, enthielt lediglich 1 Probe (3.3 %) tatsächlich solche. Bei den Proben ohne Verdacht wurde jedoch in 3 Fällen (1.9 %) synthetische Cannabinoide nachgewiesen. Folgende synthetischen Cannabinoide wurden im zweiten Halbjahr 2022 detektiert: ADB-BINACA, 5F-MDMB-PICA und MDMB-4en-PINACA.

Die Anzahl positiv auf synthetische Cannabinoide getestete Proben hat im Vergleich zu den beiden letzten noch einmal Jahren stark abgenommen. Gleichzeitig blieb die Anzahl der als Verdachtsfälle abgegebene Proben recht hoch. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass in den letzten beiden Jahren aufgrund von schadensmindernde Angeboten sowie Medienberichterstattung eine breite Aufklärung zum Thema synthetische Cannabinoide und ihre Wirkung stattgefunden hat. Und der Konsum von hochdosierten Cannabisprodukten in grossen Mengen führt zu unerwünschten Nebenwirkungen, die leicht mit den Effekten von synthetischen Cannabinoiden verwechselt werden können. So werden diese Proben dann mit Verdacht auf synthetische Cannabinoide abgegeben, obwohl es sich um hochdosierte THC-Cannabisprodukte handelt.

Im Anschluss werden die Analyseergebnisse grafisch dargestellt.

2.4 Delta-8-THC

Im ersten Halbjahr 2022 wurden im DIZ bereits sieben Proben mit einem auffallend hohen ∆8-THC Wertanalysiert. In der zweiten Hälfte des Jahres sind noch 2 ∆8-THC-Proben dazugekommen.

8-THC kommt, wenn überhaupt, nur in sehr geringen Mengen als natürliches Cannabinoid in der Hanfpflanze vor. Da in einigen Proben jedoch eine auffallend hohe Konzentration von ∆8-THC analysiert wurde, besteht der Verdacht, dass dieses auf nicht natürlichem Weg bzw. nachträglich auf CBD-Blüten aufgetragen wurde. Dieser Verdacht wird durch den häufig gleichzeitig hohen gemessenen CBD-Wert verstärkt.

8-THC ist ein psychoaktives Cannabinoid, welches eine ähnlich berauschende Wirkung wie ∆9-THC (das «klassische» THC) hervorruft, jedoch weniger potent ist. Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist ∆8-THC hauptsächlich ein Nebenprodukt, das bei der chemischen Umwandlung von CBD (Cannabidiol) zu ∆9-THC entsteht. Diese Umwandlung wird vermutlich dazu genutzt, um aus rauscharmen CBD-Produkteoder reinem CBD ∆9-THC zu erzeugen. Das daraus entstehende Gemischaus ∆8-THC und ∆9-THC wird danach auf CBD-Produkteaufgetragen, um diese als natürliche und THC-haltige Cannabisprodukte auf dem Schwarzmarkt verkaufen zu können. Es ist nicht auszuschliessen, dass die beider Umwandlung entstehenden Nebenprodukte toxisch wirken. Da Synthesenebenprodukte durch die Herstellenden oft nicht komplett abgetrennt und so von den Konsument*innen gemeinsam mit ∆9-THC und ∆8-THCauf Cannabisprodukten mitkonsumiert werden, wird beim Konsum ein unbekanntes Gesundheitsrisiko eingegangen. Über die Kurz- und Langzeitnebenwirkungen von ∆8-THCund den Synthesenebenprodukten sind keine klinischen Studien vorhanden.

Der gesamte Bericht ist im Anhang verlinkt und kann heruntergeladen werden.

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